Interview |

Auf musikalischer Mission – Dresdner Sinfoniker gehen mit der »Symphony for Palestine« auf Nahosttour

Die Dresdner Sinfoniker fahren Ende Mai nach Palästina und Israel, um die »Symphony for Palestine« des in Teheran geborenen Komponisten Kayhan Kalhor aufzuführen. Lea Muth hat mit dem Intendanten des Orchesters, Markus Rindt, über die Herausforderungen der bevorstehenden Tournee gesprochen.

Wann begann die Planung für das Projekt?

Die Idee entstand als ich im Juni 2010 mit dem Produzenten Ben Deiß bekannt gemacht wurde, der mich wiederum dem deutschen Regisseur Markus Vetter vorstellte. Letzerer hat den Film »Cinema Jenin« produziert; in diesem Zusammenhang hat er mich nach Jenin eingeladen.

Woher kommen die Musiker der Dresdner Sinfoniker?

Wir beziehen unsere Instrumentalisten nicht nur aus Sachsen und Dresden, es war immer schon unser Anliegen das Orchester so international wie möglich zu gestalten, deshalb haben wir uns von Anfang an auf Europa und Deutschland bezogen. Die Musiker kommen aus fast allen großen deutschen und europäischen Orchestern. Der Schwerpunkt liegt meistens auf Leipzig, Dresden, Chemnitz und Berlin. 

Und wer musiziert das Werk »Symphony for Palestine« ?

Wir haben seit Jahren einen festen Stamm an Musikern, die wir auch für dieses Projekt wieder eingeladen haben. Die Zusammensetzung sieht eigentlich aus wie immer, aber wir haben nur Streicher und eine Perkussionistin. Wir hatten vor, das Orchester für palästinensische Musiker zu öffnen - das war aber überraschenderweise äußerst kompliziert: Entweder war die Qualität nicht gut genug, oder die Musiker hatten andere Gründe, eine Zusammenarbeit abzulehnen. Wir haben am Ende leider nur zwei palästinensische Geiger gewinnen können. Außerdem spielen noch drei palästinensische Solisten und zwei aserbaidschanische Musikerinnen, die ich auf meiner letzten Reise entdeckt habe.

Wie ist Sinfonie musikalisch gezeichnet?

Das Konzert ist zweitgeteilt: Der erste Teil ist ein solistisches Stück »the silent city«, für Kamancheh und Streichorchester, welches Kayhan Kalhor den 5000 Opfern des Giftgasanschlages in Halabdscha von Sadam Hussein im Nordirak widmete: Das ist sehr intensiv, es ist zu zwei Dritteln improvisiert, sowohl für die Solo-Kamancheh als auch für das Orchester und hat im Improviationsteil eine sehr klare Struktur, gefolgt von einem sehr virtuosen Tanz.

Die zweite Konzerhälfte besteht aus einem Werk für arabische Instrumente und Streichorchester. Gewidmet ist es zwei Palästinensern: Juliano Mer-Khamis, dem ermordeten Leiter des Freedom Theatres in Jenin, sowie dem elfjährigen Ahmed Khatib, den ein israelischer Soldat 2005 erschoss, weil er die Wasserpistole des Jungen für eine scharfe Waffe hielt. Seine Geschichte ging um die Welt, denn seine Eltern spendeten Ahmeds Organe fünf israelischen Kindern. 

Wer fördert das Projekt?

Die Kulturstiftung des Bundes, die Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank, die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und die Landeshauptstadt Dresden - Amt für Kultur und Denkmalschutz haben uns großzügig unterstützt, wofür wir sehr dankbar sind. 

Welche Botschaft will das Projekt vermitteln?

In erster Linie geht es darum, tolle Musik mit fantastischen Solisten und Musikern an dem Ort aufzuführen, der den Komponisten zu seinem Werk inspirierte. Die Botschaft steht eigentlich eher hinten an. Natürlich hoffen wir auf eine friedliche Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes, wollen uns aber nicht in die Politik einmischen. 

Welches Publikum wird in Jerusalem dann erwartet?

Das Konzert wird in Ost-Jerusalem sein, dem Teil Jerusalems, der weitestgehend arabisch bevölkert ist. Wir spielen im palästinensischen Nationaltheater Al Hakawati. Von den Palästinensern wird genau dieser Aufführrungsort in Jerusalem absolut toleriert, das wäre im Westteil der Stadt. 

Wir erwarten, dass das Konzert dort hauptsächlich von palästinensischer Bevölkerung besucht wird, aber es natürlich für alle offen! Wir werben zum Beispiel auch in den israelischen Medien.

Gibt es vor Ort Sicherheitsmaßnahmen für das Projektteam und die Musiker?

Wir haben die Sicherheitslage genau im Auge und aktuell besteht keine Gefahr für uns, aber wir würden niemals das Risiko eingehen, unsere Musiker zu gefährden. Das Ziel des Projektes ist es, diese Musik aufzuführen, nicht politisch zu provozieren.

Vielen Dank für das Gespräch.

Der Dirigent und Künstlerische Leiter des Projekts, Andrea Molino
Foto: PR

<link http: www.symphonyforpalestine.com de film.php>www.symphonyforpalestine.com

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