Auch ein Königlich-Sächsischer Hofkapellmeister braucht mal Entspannung. Und einen fürsorglichen Brotherrn, der sie ihm gewährt. An zehn schaffensreiche Wochen erinnert im Dörfchen Graupa seit gut 100 Jahren das „Lohengrin-Haus“. Und nun auch ein prächtiges Schlösschen.
Selbst Erz-Wagnerianer dürften ins Grübeln geraten, werden sie nach dem ersten Richard-Wagner-Museum gefragt. Das wurde bereits 1907 im Dörfchen Graupa bei Dresden eröffnet. Ein ehemaliges Bauernhaus, das Schäfersche Gut, bewahrt bis heute an authentischem Ort die Erinnerung an eine schaffensreiche Zeit des Hofkapellmeisters, der eigentlich zum Entspannen in die Idylle eingekehrt ist. Vom 15. Mai bis zum 20. Juli 1846 weilte Wagner gemeinsam mit seiner Frau Minna in diesem Weiler, berichtete in seiner Biografie „Mein Leben“ später von ausgedehnten Spaziergängen und skizzierte hier die romantische Oper „Lohengrin“. Im Herbst 1881 statte er diesem Dorf nochmal einen Besuch ab, dann allerdings schon mit Cosima, seiner zweiten Frau, und den gemeinsamen Kindern Eva und Siegfried.
Als „Lohengrin-Haus“ ist das bescheidene Anwesen bereits 1907 eröffnet worden, ein findiger Verein kümmerte sich auch in schwierigen Zeiten um den Erhalt. Nach einer gründlichen Sanierung ist es 2009 wiedereröffnet worden.
Parallel dazu begannen bereits die umfangreichen Renovierungsarbeiten am nahegelegenen Jagdschloss von Graupa. Dort wurde am 12. Januar pünktlich zum Wagner-Jubiläumsjahr die Ausstellung „Wagner in Sachsen“ eröffnet. Beide Gebäude, das Bauernhaus wie das Schloss aus dem 17. Jahrhundert, firmieren nun als Richard-Wagner-Gedenkstätten Graupa. Während es nebenan vorrangig um „Lohengrin“ geht, widmen sich die Räume im Jagdschloss dem Gesamtkosmos des Dichter-Komponisten. Wagners Zeit in Sachsen wird mit historischen Exponaten vermittelt. Multimedial geht es weiter in Räumen, die mit „Dichtung“, „Komposition“ oder „Theater und Bühne“ überschrieben sind, um die Schaffensprozesse des Meisters und spätere Rezeption gut zu beleuchten. Die Fragen, wie wichtig der Klang für Richard Wagner gewesen ist, welche Rolle beizeiten das Gesamtkunstwerk Musiktheater für ihn gespielt hat, finden anschaulich Antwort. Aber auch die heutige Nachnutzung des reichhaltigen OEuvres, sowohl im klassischen Opernbereich als auch in der filmischen Verwertung, soll sehr emotional nachspürbar sein. Jüngeres Publikum könnte also durchaus von den bekannten Klängen etwa aus „Krieg der Sterne“ zu Wagners Wurzeln finden.
Im Entstehen begriffen ist eine Mediathek, für Veranstaltungen genutzt wird ein Konzertsaal im Obergeschoss – und schon jetzt darf man sich auf entspannende Momente zur wärmeren Jahreszeit freuen, denn zum kleinen Teich vor dem Jagdschloss gehört ein fast „wagnerianischer“ Schwan.
Michael Ernst

