Der Nach(T)klang-Wettbewerb im Rahmen des Musikfestes Erzgebirge fand dieses Jahr in einem leergeräumten Busdepot in Zschopau statt – eine herausragende Veranstaltung, die Alte Musik durch neue Interpretationen wieder lebendig werden ließ.
„Drei Ensembles – drei musikalische Überraschungen – eine einzigartige Atmosphäre“, versprach das Programmheft für den Nach(T)klang-Wettbewerb 2014. Die Veranstalter des Wettbewerbs, der seit 2010 fester Bestandteil des Musikfestes Erzgebirge ist, behielten damit ausnahmslos recht. Der Nach(T)klang hat es sich zur Aufgabe gesetzt, neue Perspektiven auf Alte Musik zu eröffnen. Drei Ensembles, die von einer Jury im Voraus ausgewählt wurden, erhielten die Chance, sich am 20. September, dem vorletztem Tag des Musikfestes, mit ihrer 20-30-minütigen Interpretation dem Publikum zu präsentieren. Dabei waren besonders junge Künstler und Ensembles eingeladen, sich mit der Musik vor 1800 auseinanderzusetzen und ihre Sichtweise darauf den ca. 250 Besuchern vorzustellen. Die Teilnehmer beim diesjährigen Nachtklangkonzert waren das Michaelis Consort aus Leipzig, das Lao Xao Trio aus Dresden und »Les haulz et le bas« aus Freiburg. Drei Ensembles, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten: eine Besetzung zwischen drei und sechs Musikern, mit Gesang und ohne und eine Instrumentation, die von Schalmeien und Dudelsäcken über die Viola da Gamba bis hin zum Laptop und zum Synthesizer reichte. Als Austragungsort hatten die Veranstalter, die das Konzert 2014 erneut in Kooperation mit Deutschlandradio Kultur durchführten, Zschopau ausgewählt. Die über 700 Jahre alte Bergstadt hat einiges an Historie zu bieten: barocke Bürgerhäuser, das Schloss Wildeck mit dem bekannten „Dicken Heinrich“ oder die Stadtkirche St. Martin. Stattdessen wurde das Busdepot des RVE an diesem Abend als Austragungsort genutzt. Die leergeräumte Bushalle war beleuchtet und eingerichtet bereits eine Atmosphäre für sich. Das Konzert wurde vom Deutschlandradio Kultur aufgezeichnet und von Hans-Dieter Heimendahl, Leitung der Hauptabteilung Kultur und Musik von Deutschlandradio Kultur, selbst moderiert. In kurzen Gesprächen begrüßte er die Ensembles bei der "Club Session des Musikfestes Erzgebirge" (Heimendahl) und stellte die Mitglieder mit Humor und Charme vor.
Den Anfang machte das Michaelis Consort aus Leipzig. Das Ensemble, das seit 2011 in ganz unterschiedlichen Besetzung in Erscheinung tritt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit Originalinstrumenten der historischen Aufführungspraxis nachzuspüren und den Kern dieser Musik zu finden. In ihrem Programm »Ein Fest – Alte Musik und Elektronik im Dialog« arbeiten sie mit dem Elektroakustiker Andre Bartetzki zusammen und üben sich damit im Aufbrechen von Klangidealen und deren Verfremdung. Klangkünstler Bartetzki erklärt, er suche im Baumarkt und in der Küche nach Dingen, die „klingen“ - nach Gegenständen, die man sonst nicht hören würde. So finden sich auf einmal neben historischen Instrumenten wie Violine, Viola da Gamba und Cembalo ein Laptop, Synthesizer, eine lange Gewindeschraube, ein Schaber und ein Bogen auf der Bühne wieder und verwandeln den „normalen“ Instrumentenklang in fremdartige, aber zumeist harmonische, elektronische Klänge.
Für »Musik in Sachsen« hat Helen Rotluff mit dem Gründungsmitglied Felix Görg, der zum Nachklang das Violoncello und die Viola da Gamba spielte, gesprochen.
Wie kam es zur Gründung des Michaelis Consort?
Wir sind als Projektensemble entstanden, bei dem sich immer die passenden Instrumentalisten zusammenfinden. Die Besetzung ist dabei ganz unterschiedlich – mal spielen wir zu zweit, ein andermal mit fast 100 Leuten. Ca. 8-9 Leute bilden den Kern unseres Barockensembles. Wir spielen etwa zwanzig Konzerte im Jahr.
Wie viel Improvisation und Interpretation ist bei Ihrer Musik dabei?
Wir versuchen, die historische Aufführungspraxis so genau wie möglich an die damalige Zeit anzugleichen. Das heißt, dass wir keine eigenen Arrangements benötigen, sondern nach den Noten von damals spielen. Die alte Musik gibt uns bereits viele Regeln – auch in Bezug auf die Interpretation - vor.
Was wollt Ihr mit Eurer Musik erreichen?
Wir wollen die Geschichten, die uns die Musik erzählt, lebendig werden lassen. Die Musik versucht, Geschichten zu erzählen, von A nach B zu gehen. Musik ist weitaus mehr als bloße Noten auf Papier.
Wir sind hier beim NachTKlang-Wettbewerb 2014 – was bedeutet dieser Wettbewerb für Sie?
Der NachtKlang gibt uns den Freiraum, zu experimentieren, uns auszudrücken. Man vertraut dem Publikum die Entscheidung an, wer am Ende die CD-Produktion . Ich fühle mich jedoch nicht wie ein Wettbewerb. Alle drei Künstler sind komplett verschieden in ihrer Spielweise und Interpretation – letztendlich liegt es am Publikum, sich für ein Ensemble zu entscheiden.
Nachdem alle drei Ensembles ihr Programm vorgetragen hatten, lag die Entscheidung über die Platzierung einzig und allein beim Publikum. Bei der geheimen Wahl per Stimmzettel hatte jeder Besucher genau eine Stimme zu vergeben. Dass jede Stimme zählt, bewies auch diese Abstimmung, deren Ergebnis wahrlich knapp ausging: genau in umgekehrter Spielreihenfolge erhielten Les haulz et les bas die meisten Stimmen, es folgte das Lao Xao Trio und dann das Michaelis Consort. Für Les haulz et les bas bedeutet das die CD-Produktion ihres ausgezeichneten Nachtklangbeitrags „Blast from the past“ bei Deutschlandradio Kultur, ihre mittlerweile fünfte CD.
Zusammenfassend ist zu betonen, dass für alle drei Ensembles der Nachtklang-Wettbewerb eine sehr gute Möglichkeit bot, sich zu entfalten und alte Musik ganz neu und individuell wieder lebendig werden zu lassen. Eine Erfahrung, von der sich sowohl die Ensemble, aber umso mehr auch das Publikum sehr viel mitnehmen und behalten kann. Insofern ist zu hoffen, dass der Nachtklang auch weiterhin durch Ensembles mit so hoher künstlerischer Qualität und Kreativität bereichert wird und ein fester Bestandteil des Musikfestes Erzgebirge bleibt.
